Ober-Ingelheimer Haderbuch 1518-1529 

Bl. 074v

14.03.1523  / Samstag nach Oculi Mei

Transkription

Jtem Gerdrūtt / etzʃwan peter kochs ʃeligen hūʃchfraūwe zu heij-
ʃeßheijm / als kūnde Cleßgen deß wirths zü heijseßheijm Citert / haitt
gelobt vnd geʃworn wie recht / vnd vor meijneijdts pfin vnd ʃchūlt
genūgʃam gewarnet vnd vff den zū ʃprūche der jre vor geleʃenň be
fragt / Sagt ʃije zūm Ersten artickel / daß ʃije vff drij jar vngeuerlich
den win hab helffen leʃen vnd jnne eijn bodden tragenn(e) / ʃije wiß aber nit
wije vijl ʃin geweʃt ʃij / daß ʃije haben geʃagt / der vatter ʃij jre / vnd der
win auch jre / So ʃij der vatter jm bande / den mūßen sije vß dem bande
kaūffen do mit / So haben ʃie die erben den vatter zweij maijll vß dem
bande kaūfft / Aber ʃije Gerdrūtt dißer kūnde Sagerin / hab ʃich ʃelbʃt
vß dem bande kaūfft / Zūm andern artickell deß kornß halber / Sagt
ʃie / das jeckel / g(e)n(ann)ts Cleßgin deß wirths sone / hab vmb die Būrger-
meister zü heijseßheijm erkaüfft alles weß der alt verlaißen / vnd
von dem ʃelbigen gelde bezalt die zweij malter kornß / Solichs ʃij jre
wißenň vnd jʃt jre Stijll ʃwigenň vffgeʃetzt wije Recht

Samstags nach Ocūli mej anno etc xxiijo

moller henne Jtem Krenner henne genant moller henne · gibt antwort vff ʃolich jūngʃt
lorentz ʃchnorre fūrtragens lorentze Schnorre gegen jme gethane / vnd haijtt ʃolichs ʃchrifft-
lich jngelegt wie nachfolgt alʃo lūtende / Vor euch den Ernveʃten wij-
ʃen herrenň Schūltheiß vnd Scheffen deß gerichts große Jngelnheijm erʃchint
moller henne jn recht als anwalt ʃiner mūtter lijsa / vnd gibt antwort
jn ʃiner nachredden vff die der verclagten antwort / daß die verclagt
geben haijtt vff den zü sprűche / daß jch moller henne an die verclagt gethan
han / nÿmt moller henne anfengklich ane / daß die verclagt nach laijßt /
daß der cleger eijn gemacht(er) erbe jʃt / vnd nimpt auch an / daß die verclagt
nach laijßt daß kremer henne ʃelig / ʃin aller letzʃten willen / den er haitt
gethane mit ʃiner hūʃchfraūwen vor der verclagten jtzūnt / beʃloißen hatt
clerliche / wan ʃije beijde nü(m)men ʃinth So ʃall daß gůt fallen nach landts
gewonheitt vnd recht / vff jrer beider nehʃten erben / daß ʃije zweij Eelūde
dißen willen beʃloßen / vnd beʃchrieben jnne daß gerichts būche do hab(e)n
ʃije alle vorpūnct vnd artickel / abgedrūckt / daß ʃije nichtig ʃinth /
Eß were dan daß kremer hen nach abgangk der ʃelbigen eelichenň
huʃchfraūwen dißen artickel widder rūffen vnd zu jme genomen
han wije recht jʃt / So daß von kremer hen nit geʃchijedt iʃt / So wijll
jch moller henne getrūwen der cleger / Es ʃoll verliben / wie jß kremer
henne verheijßen haijtt mit der Eelichen hūʃchfraūwen vor der ver-

Übertragung

Gertrud, einst die Frau des verstorbenen Peter Koch zu Heidesheim wurde als Zeugin von Clese dem Wirt zu Heidesheim zitiert. Sie hat gelobt und geschworen, wie es Recht ist und ist vor Meineid, Strafe und Schuld hinreichend gewarnt worden. Und auf die Klage, die ihr vorgelesen wurde, befragt, sagt sie zum ersten Artikel: Dass sie ungefähr drei Jahre lang geholfen habe, den Wein zu lesen und in einer Bütte zu tragen. Sie wisse aber nicht, wie viel davon sein gewesen sei. Sie haben gesagt, der Vater sei ihr und der Wein sei auch ihr. Doch der Vater sei im Bann, den müsse sie damit aus dem Bann kaufen. So haben sie, die Erben, den Vater zwei Mal aus dem Bann gekauft. Aber sie, Gertrud, die Zeugin dieser Aussage, habe sich selbst aus dem Bann gekauft. Zum anderen Artikel wegen des Korns sagt sie: Dass Jeckel, der Sohn des genannten Wirts Clesgin, von dem Bürgermeister zu Heidesheim alles, was der Alte hinterlassen hat, aufgekauft habe. Und er hat von diesem Geld die 2 Malter Korn bezahlt. So sei ihr Wissen. Und sie ist zu Stillschweigen verpflichtet worden, wie es Recht ist.

Samstag 14. März 1523

Henne Brenner genannt Henne Muller gibt Antwort auf den jüngst geschehenen Vortrag von Lorentz Schnorr gegen ihn. Und er hat solches schriftlich vorgelegt und es lautet wie folgt: Vor Euch den ehrenwerten, weisen Herren, Schultheiß und Schöffen des Gerichts zu Groß-Ingelheim erscheint Henne Muller als Anwalt seiner Mutter Lise vor Gericht und gibt Antwort in seiner Nachrede auf die Antwort der Beklagten auf die Anklage, die ich, Henne Muller, gegen die Beklagte getan habe. Henne Muller lässt zunächst festhalten, dass die Beklagte gesteht, dass der Kläger zum Erbe gemacht wurde. Und er lässt auch festhalten, dass die Beklagte bestätigt, dass der verstorbene Henne Kremer in seinem Testament, dass er mit seiner Ehefrau vor der Beklagten gemacht hat, klar beschlossen hat, wenn sie beide nicht mehr sind, so soll das Gut nach Landesgewohnheit und Recht an ihrer beider nächsten Erben fallen. Beide Eheleute haben dieses Testament gemacht und in das Gerichtsbuch schreiben lassen. Damit haben sie alle Punkte und Artikel weggeschoben, dass sie nichtig sind. Es sei denn, dass Henne Kremer nach dem Tod seiner Ehefrau diesen Artikel widerrufen und zurück genommen hat vor Gericht. Wenn das durch Henne Kremer nicht geschah, so will ich, Henne Muller als Kläger darauf vertrauen, es soll so bleiben, wie es Henne Kremer mit seiner Ehefrau festgelegt hat vor der

Registereinträge

Artikel   –   Bann und Acht (Paarformel)   –   Beklagter (Beklagte)   –   Buergermeister (Ingelheimer Grund)   –   Buette (Bütte)   –   Clesgin (Name)   –   Ehe (ehelich)   –   Eheleute   –   Eidesleistung   –   Erbe (Erben)   –   Hausfrau   –   Heidesheim (Ort)   –   Jeckel (Name)   –   Kaufvorgang   –   Koch, Gertrut   –   Koch, Peter   –   Korn (Getreide)   –   Kremer, Henne   –   Landesgewohnheit   –   lesen (Wein)   –   Malter   –   Meineid (meineidig)   –   Muller, Henne   –   Mutter (Mütter)   –   Nachrede   –   Ober-Ingelheim (Dorf)   –   Oculi Mei   –   Poen (Pön)   –   Samstag   –   Schnorr, Lise   –   Schnorr, Lorentz   –   Stillschweigen   –   Vater   –   Wein (Wein)   –   Wirt (Gastwirt)   –