Nieder-Ingelheimer Haderbuch 1521-1530 

Bl. 160

27.01.1528  / Montag nach Pauli Bekehrung

Transkription

Vůßenn / vnnd alßo notoriŭm vnd manifeʃtŭm
auch onelaŭckbarlich iʃt ʃo bedarff ins keiner weiteŕ
bewerinn zũm Rechtenn gezogenn Vnnd aber
alle Recht ʃtreyenn ʃagenn vnd vermogenn das eyn ider
Spolierter der des ʃeinem entʃetzt / oder vergewaltigett
gentzlich vnd zŭmall • vor aller weither handlŭng auch voŕ
allenn andern weither proceʃʃen / ʃollnn vorigenn ʃtant
wider reʃtítŭirtt vnnd ingeʃetzt werdenn mit erʃta-
tŭng aller coʃtenn vnnd ʃthadenn etc Spoliatŭs ante omnia
reʃtituendŭs auch das recht ʃetzt vnnd will Quod eciam ma-
lefidei poʃʃeʃʃor in ʃua poʃʃeʃʃione tŭend(us) das einer ʃo etzwas
beʃitzt ader inhat mit einem boßenn glaubenn aŭch one
rechtmeʃʃigem Titel dannocht zum ʃeinem beʃitze ʃol
beʃthermet werdenn biß ʃo lang er mit recht erwŭnden
wil m(e)hr der jene ʃo eynn erlichenn gutenn vnd recht-
meßigenn Titel etzwas inbeʃitze hot dar in beʃthirmett ʃolt
werdenn vnd darn gehannthabt ʃol werdenn Nŭn
iʃt war das der clager in gutem glaŭbenn vnd recht
meßigem titell denn Acker darŭff er ʃeiner frŭcht
ʃpoliertt vnd entʃetzt inhatt als títŭlo condicionis : ʃolichen
acker vmb denn Ernueʃtenn ju[n]gher Bernhartt hornegk
vonn weynheim recht vnd vffrichtigk beʃtandenn
darŭmb ʃolichenn acker bilch zu bauw vnd beßerung ge-
ʃtalt hatt wie woll ʃolichs alles onangeʃehenn von dem be-
clagtenn ʃolicher ab abnutzun(n)g eygenns boßenns freue(n)liche(n)
wider recht entʃetzt vnnd ʃpoliertt wordenn • wie woll der
gegentheill ʃeynn Spoliŭm g(e)her wolt vermanteln ʃich
zŭentʃthŭldigenn • als ob dißer acker nit obgmeltem dem
er(n)ueʃtenn ju(n)nghe(r)n ʃŭnder eyne(m) andern(n) zŭʃthenn ʃolt vnd
alßo ʃich ghernn in das petitoriu(m) ʃich laßenn auch das vff
die ban zubringenn vnderʃtet aber des buß felenn wirt
denn die Recht bann der Rechtenn muß gehaltenn
werdenn alʃo wan das poʃʃeʃʃoriu(m) íntentirt vnd
fŭrgetragenn wirtt als dann ine dißem beʃthehenn der
clager vmb ey(n) entʃatzŭng geclagt So kann vnd mag
daß petitoriŭm das iʃt vmb das eygenthŭm zu clagenn
nit gehortt nach furgeno(m)men werdenn ʃund(en) das poʃʃeʃʃor
riu(m) vmb die entʃetzŭng muß vnd ʃol zŭm forderʃten
erurteylt vnd vßgefochtenn werdenn / vnd ʃo ʃolichs
ʃeyn entʃthafft so mag das petitoriu(m) als vmb das

Zugedennckenn nechʃt k
zug

Übertragung

gewusst wird, demnach bekannt, sichtbar und auch unleugbar ist, bedarf er keiner weiteren Beweisführung vor dem Gericht. Aber jegliches Recht sagt und vermag, dass jeder Spolierte, der seines Gutes entsetzt oder vollkommen oder teilweise beraubt wird, vor aller weiteren Verhandlung, auch vor allen anderen weiteren Prozessen, in den vorigen Stand wieder restituiert und eingesetzt werden soll, mit Erstattung aller Kosten und Schaden usw. Das Recht setzt und will auch, das der Spolierte in alles restituiert wird, weil auch der unrechtmäßige Besitzer in seinem Besitz zu schützen ist, dass einer, der etwas böswillig besitzt oder ohne rechtmäßigen Titel innehat, dennoch in seinem Besitz geschirmt werden soll, bis es vor Gericht geklärt ist. Es will um so mehr auch derjenige, der etwas mit einen ehrlichen, guten und rechtmäßigen Titel in Besitz hat, ebenfalls darin beschirmt und gehandhabt werden.
Nun ist wahr, dass der Kläger den Acker, auf dem er seiner Frucht beraubt und entsetzt wurde, in guten Glauben und mit rechtmäßigen Titel innehatte, als titulus conditionis diesen Acker von dem ehrenwerten Jungherr Bernhard Horneck von Weinheim rechtmäßig und aufrichtig gepachtet hat. Deshalb hat er den Acker rechtmäßig bebaut und in Besserung gestellt, obwohl solches, unangesehen der Benutzung, von dem Beklagten in böser freventlicher Weise rechtswidrig entsetzt und geraubt worden ist.
Die Gegenpartei will das Spolium gerne verbrämen um als schuldlos dazustehen, so als ob dieser Acker nicht dem oben genannten ehrenwerten Jungherrn, sondern jemand anderem zustehen sollte, und sich bereitwillig in die Eigentumsklage einlassen.Sie untersteht sich auch, das auf den Rechtsweg zu bringen. Aber die Bußen werden fällig, denn das richtige Rechtsgebot muss eingehalten werden. Wenn also die Besitzschutzklage beabsichtigt und vorgetragen wird - wie in diesem Fall der Kläger um Wegnahme geklagt hat -, so kann und darf das Petitorium - das heißt die Klage um Eigentum - nicht gehört und verhandelt werden; sondern die Besitzschutzklage wegen der Entsetzung muss und soll zuerst abgeurteilt und ausgefochten werden. Wenn das vollendet ist, kann die Eigentumsklage, also über das

(Zu gedenken dem nächst folgenden Zeugen)

Registereinträge

Acker (Feld)   –   Besserung   –   Busse (Buße/Strafe)   –   Entsetzung   –   Frevel (frevelich)   –   Frucht (Früchte)   –   Horneck, Bernhard   –   Pacht   –   spolium (spolieren)   –   Weinheim (Frei-Weinheim)   –