Nieder-Ingelheimer Haderbuch 1521-1530 

Bl. 020v

14.01.1523  / Mittwoch nach der Oktave des Dreikönigtages

Transkription

Off mítwochenn nach andree apoʃtoli haijt joijʃt Scherer begert
jme dijße kunde zü offenenn vnd nach der eroffenu(n)g haben
Beijde parthien joiʃt Scherer vnd auch lijbe / begert dißer
kundʃage abʃchrijfft vnd fŭrter jre tag dar zu / habe(n)t etc

Dar nach vff mitwochen nach octaŭas Epiphanie
jm jare xvc vnd xxiij
haijt joiʃt ʃcherer Schrijfftlich Jnge-
legt widder die benant(en) líebenn alʃo lŭtende / Vor euch den
Ernveʃtenn erʃchint joiʃt ʃcherer als eijn antworter zü gegen vnd
widder lieben vnd nijmt ane diʃʃe nehʃt verʃchienen gerichts
kŭnde ʃage die dan dürch jnen joiʃtenn geförth vnd eroffent
worden ʃínth / Soliche getzúgen ʃage nijmt er allenthalben dínʃt-
lich ane vnd wijll auch joiʃt verhoffenn / er hab zemlich mit diß-
en drijenn gezúgen bewijßt dan ʃich es clerlich jn allen getzugenn
erfíndt / das diße hoijffreijde Barthen Beckern zü eijner hijnlichs
gaben geben von ʃíner mŭtter beʃŭnderlich jn der zŭgen ʃage von
jacob thome / daß der ʃelbig dar bij vnd do mit geweʃt vnd dar
von gar clerlichen ʃagen kan wie diße hoijffreijd barthen worden
jʃt / fŭrter nijmt joiʃt aŭch dínʃtlich ane / der zweijer getzúgen
ʃage / nemlich thomas Endres vnd Cleß hŭckers daß jn jrer
gezugen ʃage ʃich auch erfíndt daß liebe ʃelber erkent hat ware
ʃín das die hoijffreijde jrem brŭder barthen zü eijner hijnlíchs
gaben geben worden ʃij / So ʃie ʃolichs ʃelber bekent / ʃo jʃt wijther
bewijʃüng one noitt wie woll ʃie ʃich darneben mít eijnem vn
warhafftigen artickel laijßt horenn ʃie hab mit jrem brŭder
gekŭtt / Solicher artickel wirt von Barthen oder von joiʃten nit
geʃtanden ʃal ʃich auch mít der warheijt nu(n)merme fínden (• vr-
ʃach alʃo lŭtende •) daß die clegerin líebe noch zur zijth keijn getzü-
gen vor den richter bracht haitt der bij ʃolichem kŭtt geweʃt ʃij vnd
keijner der zŭgen auch nit glaublich dar von ʃagen wo oder wan
ʃolicher kŭtt zwißen jn zweijen lieben vnd barthen geʃcheen ʃij
wijthers dan ʃich liebe laijßt horenn der halber ʃie liebe jre
clage nit gnugʃam bewijßt haitt vnd ʃagt joiʃt wijther vrʃach
daß der artickel den kutt betreffen nit ware ʃín kan daß barth
vnd ʃín Eelich hŭʃchfraü eijn gerŭglichen beʃeß gehat hant von den
lehen herren der gülten oder der beden vnd jʃt ware daß mír
barth vnd ʃin Eeliche hŭʃchfrauwe haben ʃolich hoiffreide auch mit
ʃolicher beʃwernuß der gulte vnd bede zü geʃtalt der halber jch
joijʃt auch eijn geruglichen beʃes han vnd jʃt auch ware daß barth
die gŭlten nemlich iiij alb vff die hoijffreijde gemacht haitt dar an
der richter woll ermercken kan / wer die hoijffreijde líeben geweʃt

Übertragung

Mittwoch 3. Dezember 1522 hait Jost Scherer begehrt, ihm diese Zeugenaussage zu eröffnen. Nach der Eröffnung haben beide Parteien, Jost Scherer und auch Liebe, Abschrift dieser Zeugenaussage begehrt und weiter ihren Gerichtstag dazu. Haben sie erhalten.

Danach am Mittwoch 14. Januar 1523 hat Jost Scherer schriftlich folgenden Einspruch gegen Liebe eingelegt: Vor euch, ehrenwerten Herren, erscheint Jost Scherer als ein Verteidiger gegen und wider Liebe, und nimmt die kürzlich vorgenommenen Gerichtszeugenaussagen an, die dann durch ihn geführt und eröffnet worden sind. Solche Zeugenaussagen nimmt er allenthalben als zweckdienlich an. Jost hofft, er habe gebührend mit diesen drei Zeugen bewiesen, denn es sei deutlich in allen Zeugenaussagen erkennbar, dass diese Hofreite Barth Becker als eine Hinlichsgabe von seiner Mutter gegeben worden sei. Besonders geht aus der Zeugenaussage des Jakob Thomas hervor, dass er dabeigewesen ist und deutlich diesbezüglich aussagen kann, dass diese Hofreite an Barth gekommen sei. Weiter nimmt Jost auch die anderen beiden Zeugenaussagen von Enderst Thomas und Cles Hucker als seinem Zweck dienlich an. Darin mache sich bemerkbar, dass Liebe selbst erkannt hat, dass es wahr sei, dass die Hofreite ihrem Bruder Barth als eine Hinlichgabe gegeben worden ist. Da sie das auch selbst bekennt, so ist eine weitere Beweisführung nicht notwendig, obwohl sie sich daneben in einem unwahren Artikel vernehmen lässt, sie habe mit ihrem Bruder getauscht. Dieser Artikel wird von Barth oder von Jost nicht zugestanden, soll sich auch mit der Wahrheit nimmermehr finden, weil die Klägerin Liebe zurzeit noch keinen Zeugen vor den Richter gebracht hat, der bei einem solchem Tausch anwesend war. Keiner der Zeugen sage auch glaubhaft dazu aus, wo und wann ein solcher Tausch zwischen Liebe und Barth stattgefunden hat. Weiter lässt sich Liebe vernehmen, warum sie ihre Klage nicht genügend bewiesen hat. Jost sagt weiter, Grund sei, dass der den Tausch betreffende Artikel nicht wahr sein kann, dass Barth und seine Ehefrau einen geruhsamen Besitz von den Lehenherren und den Gülten und Beden gehabt haben. Wahr ist, dass ihm Barth und seine Ehefrau die betreffend Hofreite mit allen Lasten an Gülte und Bede zugestellt haben, weshalb Jost daran auch ein geruhsamen Besitz habe. Wahr ist auch, dass Barth die Gülte, nämlich vier Albus, auf die Hofreite erhoben hat. Daran können die Richter wohl bemerken, hätte die Hofreite Liebe gehört,

Registereinträge

Abschrift   –   Andreas (Andree apostoli)   –   Artikel   –   Becker, Barth   –   Becker, Liebe   –   Bede   –   Bruder (Brüder)   –   Epiphania domini   –   Guelt (Gült)   –   Hausfrau   –   Hinlichgabe   –   Hofreite   –   Hucker, Clese   –   Kut (Tausch)   –   Lehensherr/Lehnsherrin   –   Mittwoch   –   Mutter (Mütter)   –   Oeffnungshandlungen (bei Gericht)   –   Scherer, Jost (Joist, Johannes)   –   Tausch   –   Thomas, Enders (Endres)   –   Thomas, Jakob   –